Frühjahrstagung des Waldbauernverbandes NRW auf :metabolon

Die diesjährige Frühjahrstagung des Waldbauernverbandes Nordrhein-Westfalen (WBV NRW) fand am 14./15.3.2023 auf :metabolon in Lindlar statt und war an beiden Tagen sehr gut besucht. Durch die Veranstal­ tung führte Berno v. Landsberg-Velen.

Aktuelle Forstpolitik

Über aktuelle forstpolitische Entwick­ lungen informierte am ersten Veranstal­ tungstag die Geschäftsführerin des WBV NRW, Heidrun Buß-Schöne, am zweiten Tag der Waldbauernvorsitzende Dr. Phi­ lipp Freiherr Heereman.

Buß-Schöne gab einen Überblick zu verschiedenen bundespolitischen The­ men wie die Bundesförderung Klimaan­ gepasstes Waldmanagement, das Forst­ schäden-Ausgleichsgesetz, die aktuell in der Überarbeitung befindlichen Themen wie Bundeswaldstrategie und Bundes­ waldgesetz, EU-Biodiversitätsstrategie. Hier seien der Dachverband, AGDW - Die Waldeigentümer, aber auch die Waldbe­ sitzerverbände der Länder aktiv. 

Beispielsweise werde aktuell das Bun­ deswaldgesetz novelliert. Die Umweltver­ bände wünschen eine Verankerung der guten fachlichen Praxis. Dagegen wehren sich die Waldbesitzerverbände, schließ­ lich sind im Gesetz verankerte Anforde­ rungen nicht mehr förderfähig.

Zur aktuellen Extremwetterförderung des Landes NRW merkte Buß-Schöne an:

„Lassen Sie uns nicht an Kleinigkeiten rummeckem! Verschiedene Baumarten in Mischung sind wichtig!"

Auch an der Anpassung des Wald­ pakts NRW werde gearbeitet. Im Jahr 2019 sei es hauptsächlich um die Ab­ wicklung der Kalamitäten gegangen. Jetzt stünden die Wiederbewaldung der Schadflächen  und  die  Honorierung der Waldleistungen im Fokus, so Buß­ Schöne.

Zum Förderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement machten Heereman und Buß-Schöne deutlich, dass dieses eben keine Honorierung der Ökosystemleistun­ gen, sondern eine Förderung bestimmter waldbaulicher bzw. ökologischer Leistun­ gen darstelle. Die Waldbesitzenden müss­ ten individuell prüfen, ob die Förderkrite­ rien zu den jeweiligen betrieblichen Planungen passen. Bei positiver Bewer­ tung gebe es keine Gründe, das Förderpro­ gramm nicht zu nutzen. Es sei nicht undenkbar, dass die Kriterien der Klima­ förderung als Ergänzung des Bundeswald­ gesetzes vorgesehen werden. Der Dach­ verband gehe davon aus, dass bei Annahme des Förderprogramms diese Punkte ggf. nicht Eingang ins Bundes­ waldgesetz finden werden.

Streitverkündung

Buß-Schöne und Heereman informier­ ten über die Streitverkündung des Lan­ des NRW gegenüber den Waldbesitzen­ den. Sie wiesen darauf hin, dass der Verband mit der Kommunikation der Re­ gierung nicht zufrieden sei. Als Reaktion hätte der Waldbauernvorsitzende seinen Vorsitz beim Forstausschuss bei der Obersten Forstbehörde niedergelegt. Die Streitverkündung dürfe jedoch nicht zum forstpolitischen Stillstand führen. Der Waldbauernverband müsse bei allem Protest gegen die Streitverkündung die weiteren wichtigen forstpolitischen The­ men mit der Politik besprechen und sich fachlich einbringen.

Das Landgericht Dortmund prüfe der­ zeit, ob die Klage der Ausgleichsgesell­ schaft für die Sägeindustrie Nordrhein­ Westfalen GmbH (ASG 2) zulässig sei, ob die kooperative Holzbündelung rechts­ widrig war und ob ein Schaden entstan­ den sei. Waldbesitzende können als sogenannte Streithelfer dem Verfahren beitreten.

Ob die Waldbesitzenden jedoch im Ver­ fahren einen wesentlichen Beitrag leisten können, sei eher unwahrscheinlich. Die Kosten dürften hingegen erheblich sein.

Über einen Beitritt zum Streitverfah­ ren müsse jeder betroffene Waldbesitzer selbst entscheiden. Hierfür gebe es aber keine Zeiteile, so Buß-Schöne. Um sich gegen spätere Regressforderungen des Landes zu wehren, sei ein Streitbeitritt nicht geeignet. Hingegen sei es sinnvoll, schon jetzt Fakten und Beweise zusam­ menzutragen, die belegen, dass den Waldbesitzenden die Rechtmäßigkeit der gemeinsamen Holzvermarktung zugesi­ chert worden sei. Heeremanstellteklar, dass der Waldbauernverband einen Beitritt zum Klageverfahren nicht empfehlen könne und kündigte eine weitere Infoveranstaltung für die be­ troffenen Waldbesitzenden an.

Eingeführte Baumarten

Jana Hanke, Referentin im Team Wald­ bau am Zentrum für Wald und Holzwirt­ schaft bei Wald und Holz NRW, stellte er­ neut bewährte eingeführte Baumarten vor, die eine Ergänzung unserer heimi­ schen Baumarten im Klimawandel dar­ stellen können.

Eine große Nachfrage erfahren derzeit die Libanon- sowie die Atlaszeder (Ce­ drus libani, Cedrus atlantica). Die bei­ den Zedemarten sind in ihren äußeren Merkmalen oft nur schwer voneinander zu unterscheiden, haben aber unter­ schiedliche Bodenansprüche. Beide sind besonders trockenheitstolerant, doch nur, wenn ihre Wurzeln die Chance haben, tiefe feuchte Bodenschichten zu erreichen. Ist die Verwurzelung nicht tief genug, droht Trockenstress, der zum Absterben führen kann. Gefährdung droht auch durch Mäuseverbiss und Spätfröste, zumindest bei früh austreibenden Zedern. Hier ist auf die Verwen­dung entsprechend spät austreibender Herkünfte zu achten.

Auch der Riesenlebensbaum (Thuja plicata) hat sich auf vielen Standorten bei Trockenheit bewährt. Für den Anbau auf Freiflächen ist diese Baumart nicht geeignet, verträgt sich aber gut unter ei­nem Lärchenschirm.

Die Edelkastanie (Castanea sativa) benötigt Wärme, dann behauptet sie sich auf trockenen Standorten. Sie gilt als Ar­ chäophyt und ist unseren heimischen Baumarten gleichgestellt. Allerdings lei­ det sie unter diversen Krankheiten, so­ dass der betriebliche Anbau mit erhebli­ chen Risiken verbunden ist. Bei guten Bedingungen und regelmäßiger Pflege bietet die Edelkastanie hingegen die Chance, in rund 80 Jahren Wertholz zu erzielen.

Bei allen eingeführten Baumarten sei zu beachten, dass das Betriebsrisiko auf­ grund fehlender Langzeitanbauversuche auf verschiedenen Standorten nicht ein­ geschätzt werden könne. Waldbesitzende sollten diese Baumarten daher immer nur in passenden Mischungen verwenden, also mit einer vernünftigen Risiko­ streuung in den betrieblichen Planungen berücksichtigen. Anbauempfehlungen könnten erst gegeben werden, wenn wei­ tere Auswertungen der Anbauversuche stattgefunden haben, so Hanke.

Anerkennung von Saatgutbe­ ständen

Über den rechtlichen Rahmen und den Ablauf der Anerkennung von Saatgutbe­ständen informierte Martin Lappe, Refe­rent im Team Walderhaltung am Zentrum für Wald und Holzwirtschaft bei Wald und Holz NRW. Bevor man die Anerkennung von Saatgutbeständen nachvollziehen kann, muss man zunächst ein sehr aus­ gefeiltes System aus Richtlinien, Geset­zen und Verordnungen verstehen, die es bei der Erzeugung, beim Inverkehrbrin­gen sowie bei Ein- und Ausfuhr von Saat­ und Vermehrungsgut zu beachten gilt. Durch die Kalamitäten und Ausfälle von Saatgutbeständen gibt es derzeit witte­rungsbedingt Engpässe bei der Saatgutversorgung bei mehreren Baumarten. Saatgutbestände an sich gebe es aber ausreichend, so Lappe. Engpässe seien derzeit auf fehlendes Saatgut und auf be­ grenzte Anbauflächen in den Baumschu­ len zurückzuführen. Ein Erntejahrgang sei komplett ausgefallen.

Wildlingswerbung im eigenen Betrieb für die Verwendung im eigenen Betrieb kann durchaus zur Wiederaufforstung von Schadflächen sinnvoll sein, sei aber sehr aufwendig. Selbst aus aktuell abgän­ gigen Beständen können Wildlinge ge­ nutzt werden.

Rechtlicher Rahmen für den Ersatz von Wildschäden

Jürgen Reh, Geschäftsführer des Ver­ bandes der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe, erläu­ terte die rechtlichen Rahmenbedingun­ gen für den Ersatz von Wildschäden und gab Hinweise für die Praxis. Der Ersatz von Schäden, die durch Wild verursacht werden, regelt § 29 Bundesjagdgesetz. Danach sei nur für Grundstücksschäden und für Schäden, die wesentliche Be­standteile des Grundstückes betreffen, zu haften. Grundsätzlich hafte die Jagd­genossenschaft bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken für Wildschäden (Ersatz­pflicht nur für Schalenwild, Wildkanin­ chen und Wildfasanen). Die Jagdgenos­senschaft könne aber diese Verpflichtung auf den Jagdpächter per Vertrag übertra­ gen. Nach Reh sollte diese Übertragung klar und fair geregelt werden. Wichtig sei, dass Regelungen zur Übernahme von Wildschäden, Verpflichtungen, z.B. die Anlage von Schussschneisen und Ähnli­ches, gemeinsam getroffen werden. Ne­ben Pächtern und Jagdgenossenschaft, sollten auch die Waldbesitzer eingebun­den werden.

Weiterhin stellte er die NRW-Sonderre­gelung zum Ersatz von Wildschäden vor, die in § 33 Landesjagdgesetz NRW gere­gelt ist. Diese stellt eine Besserstellung des Waldbesitzers im Verhältnis zur Bun­desregelung dar.

Er wies darauf hin, dass unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung eines Wildschadens deren rechtzeitige Meldung bei der zuständigen Ordnungsbehörde sei. Fristen für den Wald sind der 1. Mai und der 1. Oktober.

Verbiss- und Fegeschäden bewerten

Christine Hesse, Referentin für Waldbe­ wertung bei den Landesforsten Rhein­ land-Pfalz, stellte die „Konvention zur Bewertung von Verbiss-, Fege- und Schlagschäden im Wald" des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) vor. Die Konvention wurde von der Arbeitsgruppe Wildschadensbewertung des Ausschus­ ses für Betriebswirtschaft (AfB) beim DFWR in enger Zusammenarbeit mit den Landesforsten Rheinland-Pfalz erarbei­tet  und jetzt von den Landesforsten Rheinland-Pfalz aktualisiert. Die Konvention sei eine praktikable Hilfestel­lung für den (Laien-) Waldbesitzenden und Jagenden im Vorverfahren nach§ 35 Bundesjagdgesetz. Dabei sei für die An­wendung der Konvention insbesondere die Kenntnis über die waldbauliche Zielsetzung der Waldbesitzenden unerläss­lich, so Hesse. Die Referentin erläuterte anschaulich das verwendete Kostenwert­verfahren, die Herleitung der Annahmen und hinterlegten Eingangsgrößen (z.B. Pflanzsortimente, -Preise) und ermittelte

beispielhaft       für        ausgewählte     fiktive Schadflächen die laut DFWR-Konvention zu entrichtenden Entschädigungsbeträge. Zudem demonstrierte Hesse die zugehörige KWF WebApp, ein geeignetes Hilfsmittel für Waldbesitzende, aber auch Jäger, um schnell Schadensersatzbeträge für Wildschäden zu ermitteln. Genetische Herkunft von Saat- und Pflanzgut. Über die Bedeutung der genetischen Herkunft  und Vielfalt von Baumarten sprach Heiner Heile, Referent im Team Waldbau am Zentrum für Wald und Holzwirtschaft bei Wald und Holz NRW. Die ge­netische Herkunft sei entscheidend für die Anpassungsfähigkeit unserer Baumar­ten im Klimawandel. Wurden bislang in erster Linie waldbaulichbetriebswirt­schaftliche Merkmale betrachtet, wie Geradschaftigkeit, sei es künftig von Bedeu­tung, die Vitalität von Herkünften in Augenschein zu nehmen, um so Aussagen zur Eignung im Klimawandel an sich zu gewährleisten. Wichtige Eigenschaften hierfür seien die Anfälligkeit für Krank­ heiten und der Austriebszeitpunkt. Auch die reine Betrachtung der Klimahüllen und Analogregionen sei nicht aussage­ kräftig, um die Eignung von Baumarten und Herkünften zu beurteilen, da der Standortsbezug fehle (z.B. Nährstoffaus­ stattung, Standortwasserbilanz).

Kristian Jovi, Förderreferent der Ge­schäftsstelle Forst/Direkte Förderung bei Wald und Holz NRW, ergänzte, dass die Herkunftsempfehlungen auch bei der Förderung von Pflanzungen beachtet werden müssen. Abweichungen müssten forstfachlich begründet werden. Er regte an, die Förderung zur Wiederaufforstung JETZT anzunehmen. Derzeit sei die Fi­nanzausstattung ausreichend und An­ träge können bewilligt werden. Perspek­ tivisch werden die Richtlinien eher restriktiver, so werden Änderungen des GAK-Rahmenplans vermutlich weitere Einschränkungen oder Vorgaben, z.B. höhere Laubholzanteile, mit sich brin­ gen. Heile führt aus, dass NRW gerade aufgrund des Klimawandels und der da­ mit verbundenen Standortdrift die Herkunftsempfehlungen für NRW überarbeitet. Sobald diese abgeschlossen sind, werden sie Eingang in die Förderrichtlinien  finden.


Exkursion

Der zweite Veranstaltungstag endete 1 mit einer Exkursion zu geschädigten Waldflächen der Gräflich von Spee'schen Forstsbetriebe, die vom zuständigen Förster Joachim Göckede vorgestellt wurden. Heiner Heile unterbreitete waldbauliche Behand­lungsempfehlungen für die verschiedenen Waldflächen, die er anhand der Standort­ kriterien (Ermittlung von Bodenart/-typ vor Ort mittels Bohrstock, siehe Foto) und des Waldbaukonzeptes NRW herleitete. Kristian Jovi gab Hinweise zu bestehen­ den Fördermöglichkeiten. Anschließend erfolgte eine intensive Diskussion der Referentenvorschläge mit den Waldbesitzen­den, sodass die anvisierte Exkursionszeit deutlich überschritten wurde. Die vielen positiven Rückmeldungen der Waldbesitz­enden zur Exkursion und Tagung zeigten, dass die Themenauswahl gut ankam.

Der Waldbauernverband bedankt sich sehr herzlich bei allen Referentinnen und Referenten für ihre äußerst informa­tiven Beiträge. Alle Vorträge sind im internen   Mitgliederbereich unter www.waldbauernverband.de abrufbar.